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Vergessene Chorfrauen von Klosterneuburg

14.06.2021

Vergessene Chorfrauen von Klosterneuburg

Das Augustiner-Chorherrenstift Klosterneuburg war im Mittelalter ein Doppelkloster. Zum heute noch bestehenden Stift gehörte damals auch ein Frauenkloster, das in der direkten Nachbarschaft angesiedelt war. Noch heute finden sich viele Spuren davon.

Den Klosterneuburger Augustiner-Chorfrauen stand eine sogenannte Meisterin vor, die Schwestern besaßen und bestellten eigene Weinberge, hatten eine Badestube, ein Hospital und vermutlich auch eine Schule. Das Kloster war hochangesehen, einige der Augustiner-Chorfrauen stammten aus hochadeligen Familien. Zur Blütezeit des Frauenklosters im 13. Jahrhundert wollten so viele Frauen in den Orden eintreten, dass sogar noch ein zweites Haus, St. Jakob, in der unteren Stadt gegründet wurde. Dieser Andrang ebbte gegen Ende des Mittelalters stark ab. 1568 verstarb die letzte verbliebene Chorfrau und das Stift wurde aufgelöst. 1722 wurde schließlich auch die Chorfrauenkirche entweiht, ihr Turm und auch einige der Konventsgebäude wurden abgetragen. Das ehemalige Kirchenschiff jedoch steht heute noch am Stiftsplatz und wird seither vom Weingut des Stiftes als Presshaus verwendet.

Forschungsprojekt zur Klärung

Obwohl es heute noch viele Zeugnisse dieses bedeutenden Frauenklosters in der Stiftsbibliothek und im Stiftsarchiv gibt, liegt doch vieles, was die Geschichte der Klosterneuburger Augustiner-Chorfrauen betrifft, weiterhin im Dunkeln. Das beginnt bei der Gründungssituation, geht über die Herkunft der Frauen, ihre Verbindungen zur Stadt und ihr religiöses Leben bis hin zur Auflösung des Konvents.

In der Stiftsbibliothek Klosterneuburg hat sich ein Team aus drei Forscherinnen zusammengefunden, das sich diesen offenen Fragen widmet. Sie haben dafür prominente internationale Unterstützung gewonnen: Der Kunsthistoriker Prof. Jeffrey Hamburger der US-amerikanischen Eliteuniversität Harvard, Prof. Eva Schlotheuber, Historikerin an der Universität Düsseldorf und führende Expertin auf dem Gebiet der Frauenklösterforschung, sowie der Germanist und Mittelalterforscher Prof. Stephan Müller von der Universität Wien begleiten das Projekt inhaltlich. Die deutsche Alexander-von-Humboldt-Stiftung finanziert die Vorarbeiten bis zum Ende dieses Jahres, damit die vielzähligen Quellen des Chorfrauenstiftes gesichtet und eingeordnet werden können. Das Ziel ist es, diese versunkene Institution in den nächsten Jahren wissenschaftlich aufzuarbeiten und sie so wieder sichtbar zu machen. Die Ergebnisse sollen unter anderem in der Jahresausstellung des Stiftes Klosterneuburg 2024 präsentiert werden.

 

Bild: Agnes von Waiblingen (Abbildung aus dem Babenberger Stammbaum), Gattin des Markgrafen und Gründers des Chorherrenstiftes Leopold, wird schon früh als Stifterin dargestellt. Sie hält ein Modell der Chorfrauenkirche in der Hand. Allerdings ist ihre Beteiligung an der Gründung in den zeitgenössischen Quellen nicht schriftlich festgehalten.

Bild: Vogelschau Perspektive von Stift und Stadt Klosterneuburg aus dem Jahr 1725. Nummer 38 ist die ehemalige Kirche der Chorfrauen, hier schon ohne Turm.

Bild: Nikolaus von Dinkelsbühl predigt vor den Klosterneuburger Chorfrauen (Abbildung aus der Handschrift CCl 48, 1r)

Alle Fotos: Copyright Stift Klosterneuburg, Abdruck honorarfrei

Walter Hanzmann

Stift Klosterneuburg – Pressesprecher

+ 43 676 / 447 90 67

presse@stift-klosterneuburg.at

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